Nähe zulassen, fällt mir schwer – Bindungsangst erkennen und überwinden

Bindungsangst: Warum, wieso und wie werde ich sie los

  • „Nein, ich leide nicht unter Bindungsangst,“ protestiert Nicole selbstbewusst. „Schließlich habe ich ja einen Partner. Wobei ich schon zugeben muss, dass es mir oft schwer fällt meine Gefühle in Worte zu fassen.“
  • „Immer verliebe ich mich in den Falschen. Mal ist er verheiratet, mal will er keine Beziehung und mal lebt er im Ausland. Schön langsam habe ich das Gefühl ich suche mir mit Absicht solche Männer aus,“ jammert Tamara.
  • „Ich habe eine Beziehung – allerdings ist meine Partnerin nicht besonders glücklich. Sie wirft mir immer wieder vor, dass ich mich zurückziehe und dass mir meine Freiheit wichtiger ist als unsere Partnerschaft,“ erzählt Jochen.

Bindungsangst hat viele Gesichter

Mann und Frau haben BindungsangstDie meisten Menschen werden im Verlauf ihres Lebens mit Bindungsangst konfrontiert. Entweder leiden sie selbst wissend bzw. unwissend darunter oder aber sie haben einen Partner, dessen Bindungsangst dem gemeinsamen Glück im Weg steht. Sehr oft ist den Betroffenen ihre Bindungsangst nicht bewusst. Der folgende Test kann dabei helfen, herauszufinden, ob auch in dir eine Bindungsblockade verankert ist.

Bindungsangst – so kann sie sich bemerkbar machen

Treffen eine oder mehrere der folgenden Verhaltens- oder Denkweisen auf dich oder deinen Partner zu? Falls ja, so lohnt es sich dem Thema Bindungsangst deine Aufmerksamkeit zu schenken.

  • Ich verliebe mich immer in unerreichbare Personen.
  • Ich kann meine Gefühle nur selten zeigen.
  • Die Angst vor Verpflichtungen und Bindungen begleitet mich schon lange.
  • Das Leben ist zu kurz, um etwas zu verpassen. Ich brauche meine Freiheit und Unabhängigkeit.
  • Ich tue nie den ersten Schritt.
  • Ich werde von meinem/r Partner/in immer wieder enttäuscht.
  • Die Angst vor Nähe und davor, dass jemand hinter meine Fassade schaut, spüre ich häufig.
  • Ich kann mich nur schwer fallen lassen oder Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen.
  • Wahre Liebe? Ich weiß nicht, ob es sie wirklich gibt.
  • Bei schwierigen Situationen in der Partnerschaft flüchte ich gerne.

Bindungsangst und Partnerschaft

Ein Brautpaar hat BindungsangstDie obigen Indizien zeigen, dass auch Menschen, die in einer Partnerschaft leben, Bindungsangst haben können. Sie sind dann häufig emotional abweisend, ergreifen gerne die Flucht, wenn es um Gefühle oder Projekte in der Zukunft geht, neigen zu Seitensprüngen oder wählen unbewusst einen Partner aus, der unerreichbar ist oder ihre Wünsche nicht erfüllen kann.

Woher kommt die Bindungsangst

Um ein emotionales Problem zu beheben oder seinem Partner dabei zu helfen die Bindungsangst zu überwinden, ist es hilfreich, zu erfahren wodurch die Angst ausgelöst wurde.

1. Bindungsangst durch ein beschädigtes Selbstbild

Ein negatives Selbstbild geht immer mit einem geringen Selbstwertgefühl einher. In der Liebe ist dieses Manko oft auf schlechte Erfahrungen zurückzuführen. Beispielsweise auf unausgeglichene Beziehungen. Eine Partnerschaft, in der man selbst immer mehr gegeben hat als der andere und dafür weder Liebe noch besonderen Dank geerntet hat, kann unser Selbstbild erheblich beschädigen. Ebenso kann eine Beziehungen, in der man schlecht oder gar herabwürdigend behandelt wurde, die Ursache sein. Beispiele sind Beziehungen mit Narzissten oder Partnerschaften, in denen man hintergangen oder betrogen wurde.

Tipp: Wer solche Erfahrungen gemacht hat, sollte sich im ersten Schritt ganz auf sich selbst konzentrieren. Es ist sinnvoll das eigene Selbstbild wieder aufzupolieren bevor man sich auf den Partner einlässt. Natürlich kann man das auch innerhalb einer Partnerschaft tun oder dem Partner sogar dabei helfen. Eine schöne Methode ist sich selbst oder dem Partner jeden Tag, mindestens 28 Tage lang, einen kleinen Liebesbrief zu schreiben. Ganz nach dem Motto: alles was ich an mir/dir liebe, toll finde, schätze oder wofür ich mir/dir dankbar bin. Ein paar Zeilen täglich genügen.

2. Bindungsangst durch Verletzungen in der Kindheit

Die Angst vor emotionalen Bindungen kann bereits im frühkindlichen Alter entstehen. Die ersten beiden Lebensjahre sind dafür ausschlaggebend. Obwohl später auch ein schwieriges Verhältnis zum Vater dazu führen kann, Gefühle nur schwer zuzulassen, ist der Bezug zur Mutter meist noch wesentlicher. Besonders stark ausgeprägt ist eine Bindungsangst meist dann, wenn Kinder mit einer distanzierten oder gar abweisenden Mutter aufgewachsen sind. Das Verhalten der Mutter führt laut Psychologie häufig dazu, dass man schon früh lernt, seine Gefühle zu unterdrücken.

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Ein Kind: Bindungsangst entsteht in der KindheitTipp: Liegt die Ursache der Bindungsangst derart tief begraben, ist es ratsam sich Hilfe von einem Experten zu holen. Auch die Arbeit mit dem inneren Kind kann in diesem Fall helfen. Hier findest du zwei Beiträge mit Übungen, um dein inneres Kind zu heilen: 1. Dein inneres Kind will heilen – 2. Umarme dein inneres Kind

3. Bindungsangst durch Vorbilder

Oftmals leiden Kinder aus Scheidungsfamilien an Bindungsangst. Der Glaube, dass die Liebe ohnehin endet, hemmt sie davor anderen zu vertrauen oder sich fallen zu lassen. Aber auch Kinder, deren Eltern langfristig eine unglückliche oder distanzierte Beiziehung geführt haben, machen im Erwachsenenleben häufig Bekanntschaft mit Bindungsangst. Sie nehmen sich meist vor niemals so zu werden wie die eigene Mutter oder der Vater wodurch der Glaubenssatz – lieber alleine und glücklich als gefangen und unglücklich – entsteht.

Tipp: Um wieder an die wahre Liebe und eine glückliche Partnerschaft zu glauben und dadurch sowohl körperliche und emotionale Nähe zulassen zu können, muss eine starke Überzeugung aufgebaut werden.

Hierzu eine Anleitung:
  • Frage dich, welcher negative Glaubenssatz in dir in Bezug auf die Liebe am stärksten ist. (z.B. Liebe tut weh. Liebe geht mit Verzicht einher. Wahre Liebe gibt es nicht. Liebe führt immer zur Enttäuschung…)
  • Schreibe diesen Glaubenssatz nieder und betrachte ihn.
  • Welche Gefühle entstehen in dir, wenn du an diesen Satz glaubst? Notiere deine Gedanken. (Vermutlich handelt es sich um negative Emotionen.)
  • Wie würde es dir gehen, wenn du diesen negativen Satz nicht mehr glauben würdest? Halte deine Gedanken dazu schriftlich fest.
  • Kehre nun den Glaubenssatz um. Mache aus dem Negativen einen Positiven. z.B. Ich erlaube mir an die wahre Liebe zu glauben. Ich erlaube mir eine glückliche Partnerschaft zu führen. Liebe ist etwas Wunderschönes.
  • Frage dich: Wie würde es mir gehen, wenn ich diesen positiven Satz wirklich glauben könnte? Welche Gefühle würden entstehen? Notiere deine Antworten.
  • Vermutlich würde es dir gut gehen. Du würdest dich frei und glücklich fühlen. Also los!
  • Wiederhole den positiven Satz mehrmals täglich in Gedanken. Male dir dazu passend vor deinem inneren Auge einen Film aus. Und bleibe mindestens 28 Tage dran, auch wenn es anfangs schwer ist oder sich komisch anfühlt.

Ich wünsche dir viel Zuversicht und liebevolle Geduld beim Ausprobieren der Tipps. Deine Melanie

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2 Kommentare

  1. Ein sehr kluger Artikel mit vielen wertvollen Hinweisen. Herzlichen Dank dafür, wir haben ihn mit großem Interesse gelesen. Der Hinweis in Ihrem Beitrag, dass Bindungsangst sehr viele Gesichter hat, können wir bestätigen. Das Spiel von Nähe und Distanz ist nicht immer ganz einfach zu spielen. Wer das beherrscht – kann eine tolle Beziehung langfristig führen. Bei uns gelingt das recht gut. Wir lassen uns gegenseitig Freiräume und freuen uns dann wieder sehr auf einander, auf eine gemeinsame schöne Zeit mit vielen besonderen Momenten. Die verlieren wir nie aus dem Fokus. Das ist es, was die Gefühle und die Leidenschaft bei uns für einander erhält.

    Um die gegenseitige Anziehung für einander aufrecht zu erhalten ist das enorm wichtig. Sobald zu viel Alltag einzieht, jeder nur noch für sich selber mit seinen Pflichten und Aufgaben beschäftigt ist, verlieren wir uns aus den Augen. Wir gehen uns manchmal auch sehr auf die Nerven, wenn wir nur noch aufeinander hängen. Dann wird es einfach Zeit, einander wieder einmal etwas loszulassen. Luft zum Durchatmen brauchen wir alle. Dann ertragen wir uns auch in schwierigen herausfordernden Situationen wieder viel besser.

    Auch wir sind nicht 24 Stunden lang ineinander verliebt, aber wir lieben uns und wissen, dass wir aufeinander zählen können. Das gegenseitige Vertrauen ist die Basis und das Fundament in unserer Partnerschaft. Und das erfüllt uns mit großem Glück: Einen Menschen gefunden zu haben, zu dem wir uns sehr hingezogen fühlen und mit dem jeder von uns durch dick und dünn gehen kann.

    Ja, die Achtsamkeit ist ein Zauberwort für die Qualität in der Beziehung. Zu spüren, wie es dem anderen geht, was er braucht, welche Bedürfnisse er hat. Und dann darauf eingehen, ihm signalisieren „Ich bin da für dich“. Oft ist das nicht so leicht umsetzbar im Alltag. Zu vieles strömt auf uns ein. Das Handy läutet, die Hausarbeit ist zu erledigen, ein Termin steht an etc. Alles nicht so leicht unter einen Hut zu bekommen.

    Trotz allem verlieben wir uns jeden Tag neu in einander. Unser Zusammengehörigkeitsgefühl ist riesengroß und wir wollen unsere Zukunft gemeinsam bestreiten.

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